Neubau der Peter Gläsel Schule auf der Zielgeraden
An der Klingenbergstraße entsteht ein ungewöhnlicher Schulbau aus Holz und Glas. Im Herbst werden die Schüler*innen das Gebäude mit Leben füllen.
Detmold. Wer dieser Tage durch die Klingenbergstraße in Detmold fährt, kann beobachten, wie innerhalb weniger Wochen ein komplexer Holzbau entsteht. Dachdecker, Elektriker, Fensterbauer und viele andere Handwerker arbeiten in den Sommerferien mit Hochdruck am Neubau der Peter Gläsel Schule, damit die Kinder noch vor den Herbstferien ihr neues Schulgebäude beziehen und mit Leben füllen können. Durch starke Regenfälle im Februar und März hatte sich der Baubeginn um einige Wochen verzögert. Jetzt ist das Projektteam auf der Zielgeraden angekommen.
Entworfen hat das avangardistisch-futuristisch anmutende Gebäude das Architekturbüro Pape oder Semke aus Detmold. Die Kinder und Eltern der Peter Gläsel Schule hatten Architekt Harald Semke in einem Partizipationsprozess viele Ideen mitgegeben, die er in den Entwurf einbezogen hat. Ziel war es, Räume für Menschen zu schaffen, in denen die Bewegung des Lernens nicht behindert, sondern unterstützt wird. Herausgekommen ist eine Wabenkonstruktion aus Holz mit 1.250 Quadratmetern Grundfläche, in der kein einziger 90-Grad-Winkel zu finden ist. Auch Flure sucht man vergeblich. Stattdessen steht man direkt beim Betreten des Gebäudes in einem lichtdurchfluteten Forum, von dem aus die sechseckigen Lernräume erreicht werden. Durch die Glasfassaden wird man in den Lernräumen das Gefühl haben, mitten in der Natur zu stehen – und da jeder Raum einen direkten Zugang nach draußen hat, ist das auch möglich.
Für das Bauteam ist die Einzigartigkeit des Gebäudes Ansporn und Herausforderung zugleich. „Auf technisch und architektonisch so hohem Niveau arbeiten zu dürfen, ist etwas Besonderes“, sagt Bauingenieur Lars Kruel, der für den reibungslosen Ablauf des gesamten Projektes zuständig ist. „Es ist alles eckig, aber nie rechtwinklig. Der Holzbau ist wie ein riesiges Puzzle gewesen.“ Das war auch für Borzoo Afshar und Jenni Kran vom Architekturbüro Next die größte Schwierigkeit. Sie sind für die Ausführungsplanung verantwortlich. „Die Wabenkonstruktion, in der kein Winkel gleich ist, bedeutete für uns viel Tüftelarbeit, aber genau darin liegt auch der Reiz“, erzählt Borzoo Afshar. Dass sich die Detailarbeit auszahlen wird, davon ist er überzeugt: „Wenn das Gebäude fertig ist, sieht man eigentlich nur diese zwei Wände aus Holz, ansonsten ist das Natur in Natur, keiner wird dieses Gebäude als Fremdkörper wahrnehmen, denn das Glas wird die Natur rundherum spiegeln.“
„Das Spannende ist: Wir sind mitten im Gewerbegebiet und stehen eben doch im Grünen“, fügt seine Kollegin Jenni Kran hinzu. Und tatsächlich hat das Grundstück trotz der auf den ersten Blick unromantischen Lage an der Klingenbergstraße großes Potenzial. Es hat direkten Zugang zur Werre, die in Kooperation mit der Stadt Detmold renaturiert werden soll. An der anderen Seite fließt der Knochenbach, und die alten Baumbestände bieten Geborgenheit. Beim Außengelände werden die Kinder wohl auch wieder mehr mitgestalten können. Denn aufgrund der Corona-Krise haben sie vom Schulbau leider nur wenig mitbekommen. Geplante Besuche auf der Baustelle und im Architekturbüro mussten situationsbedingt abgesagt werden. Trotzdem haben sich Borzoo Afshar und Jenni Kran etwas für die Grundschüler einfallen lassen: ein Faltmodell zum Nachbauen.
Auf der Baustelle wird derweil weiter gezimmert, installiert und gedämmt. Und auch für die einzelnen Handwerker ist das Objekt eine besondere Referenz. „Kein Handwerker kann genau sagen, wie lange er braucht, weil es für niemanden ein Routineobjekt ist“, erzählt Projektleiter Lars Kruel. Die Leidenschaft für die Sache ist aber bei allen Beteiligten zu spüren, wie Borzoo Afshar beobachtet hat: „Detailverliebtheit und Perfektionismus sieht man bei allen. Das ist aber auch nötig, denn bei einem so minimalistischen Gebäude fällt jeder Fehler sofort auf.“
Wer sich für den aktuellen Stand auf der Baustelle interessiert, kann auf der Webseite der Peter Gläsel Schule (www.pgschule.net) unter „Aktuelles“ live die Baufortschritte verfolgen. Ein ausführliches Interview mit dem Bauteam, bestehend aus Lars Kruel, Borzoo Afshar und Jenni Kran, gibt es im Podcast „Zukunftsgespräche“, der auf der Webseite der Peter Gläsel Stiftung und bei Spotify abrufbar ist.
Die Peter Gläsel Schule
Die Peter Gläsel Schule in Detmold ist eine private Ersatzschule. Sie ist 2015 als einzügige Grundschule von der Peter Gläsel Stiftung gegründet worden und momentan im Erdgeschoss der Hauptschule in Heidenoldendorf und in Containern untergebracht. Mittlerweile lernen hier 101 Kinder in vier jahrgangsübergreifenden Gruppen nach dem PRRITTI-Bildungsmodell, das künstlerisch-kulturelle Bildung unter Beteiligung der Kinder als zentralen Zugang zum Lernen in den Fokus stellt − ein weltweit einzigartiges Bildungsmodell. Für eine kindgerechte und nachhaltige Bildung verzichtet das PRRITTI-Modell auf alles, was einem lustvollen Lernen im Weg steht: Es gibt keine Noten, keine Hausaufgaben, keinen Druck und keine Schulfächer; denn die Welt besteht aus komplexen Zusammenhängen, die von den Schüler*innen im Lebensweltbezug erfasst werden. Das von der Stifterfamilie finanzierte neue Schulgebäude wird auch architektonisch ihren Lernbedürfnissen Rechnung tragen.
Bildunterschrift:
Foto: von links: Borzoo Afshar und Jenni Kran vom Architekturbüro Next und Projektleiter Lars Kruel arbeiten mit Hochdruck daran, dass die Kinder im Herbst in den Neubau der Peter Gläsel Schule einziehen können. © Carolin Jenkner-Kruel
Visualisierungen: © Peter Gläsel Stiftung
Autorin: Carolin Jenkner-Kruel
Pressemitteilung als Download:PM Schulneubau Peter Gläsel Schule
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