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Elternsprechtag adé

Wie die Peter Gläsel Schule ihre Schüler beim Lernen berät

Es ist der Klassiker: Eltern und Lehrer treffen sich zum Gespräch in der Schule und reden unter Abwesenheit des Kindes über dessen Lernfortschritte. Übertragen wir das mal auf die Erwachsenenwelt: Ihr Entwicklungsgespräch bei der Arbeit findet ohne Sie statt, obwohl es doch um Ihre Entwicklung geht. Um so eine unfaire Situation zu vermeiden, hat die Peter Gläsel Schule ein anderes Format entwickelt, um gemeinsam mit den Kindern deren Lernfortschritte zu reflektieren: Eine Lernberatung für die Kinder und eine „Zeigung“ des Erlernten für die Eltern.

Dabei geht es schlicht und einfach darum, dass die Kinder selber Taktgeber sind, wenn es darum geht, ihr Lernen und ihre erworbenen Kompetenzen zu beleuchten. Deswegen finden Entwicklungsgespräche an der Peter Gläsel Schule mit den Schüler*innen auch ohne deren Eltern regelmäßig statt, wobei die Kinder selber entscheiden, ob sie dies wollen und wen sie als Unterstützer gerne dabei haben möchten. So können durchaus Freunde in den Beratungsgesprächen mit dabei sein, die das jeweilige Kind als Peers unterstützen und durch ihre Anregungen wiederum einen wesentlichen Beitrag zu einem effektiven Lernerfolg leisten.

„Die Kinder freuen sich auf die Gespräche“, sagt Josef Köhler, Mitbegründer der Peter Gläsel Schule: „Es sind Gespräche auf Augenhöge, die es den Kindern ermöglichen, ein Gefühl für das eigene Lernen zu entwickeln und zu entdecken, wo die Talente schlummern und wo die Lernbegleiter noch besser unterstützen können. Damit erfüllt die Peter Gläsel Schule eines der dringendsten Bildungsziele für die Zukunft unserer Gesellschaft: Neben dem Erwerb von Basiskompetenzen wie Lesen und Rechnen geht es vordringlich darum, dass die Kinder ihr Lernen selbst reflektieren und aktiv steuern, was gemeinhin gerne mit der Fähigkeit zu „lebenslangem Lernen“ tituliert wird.

Was in den Lernberatungsgesprächen besonders beeindruckt: Die Kinder schätzen sich durchaus realistisch ein. „Unsere Schüler wissen genau, was sie können und was nicht“, erzählt Josef Köhler. „Das macht sie nicht zu Wunderkindern. Allerdings haben sie sehr viel Selbstvertrauen erworben und können ihre Anliegen sehr deutlich und sicher formulieren.“ Die Freunde unterstützen bei der Einschätzung des Lernens − und das äußerst wertschätzend. Der Lehrer bzw. Lernbegleiter sieht seine Rolle eher als Coach und Berater, nicht als Wertender. Überhaupt läuft an der Peter Gläsel Schule alles über eine gute Beziehung zwischen Lernbegleiter*innen und Schüler*innen. Für das Team der Peter Gläsel Schule ist diese wertschätzende Haltung die Grundlage eines nachhaltigen Lernens. Ganz nach dem Motto: Lernen geschieht eh von selbst, auf die Qualität der Beziehung kommt es an, alles andere folgt.

 

Das gilt auch für die Kinder untereinander. „Das soziale Lernen passiert automatisch, weil die Kinder untereinander in ganz verschiedene Beziehung treten können“, erläutert Josef Köhler. „Freundschaften und Beziehungen sind extrem wichtig, um soziales Verhalten zu lernen, damit es eingeübt werden kann. Wir fördern diese Möglichkeiten, indem wir keine Klassen haben, sondern jahrgangsgemischte Gruppen, um eine Basis zu haben, von der man in den spannenden Tag starten kann. Wir lernen alle Voneinander und Miteinander, jeden Tag, jedes Kind und jeder Erwachsene.“

Die Lernberatung ist für die Kinder ein angenehmes Gespräch. Sie empfinden es als „Quality Time“, mit ihrem Lernberater einmal nur über sich sprechen zu können. Auch die Tipps der Freunde, wie sie sich in etwas verbessern können, nehmen sie gerne an. Schließlich ist es nicht von oben diktiert, sondern kommt direkt aus der „peergroup“.

Natürlich wollen und sollen die Eltern auch wissen, was die Kinder an der Peter Gläsel Schule machen. Deshalb gibt es regelmäßige Gespräche, jederzeit auch auf Wunsch der Eltern. Zusätzlich gibt es vierteljährlich sogenannte Zeigungen. Die Kinder stellen ihr Schaffen in verschiedenen Darstellungsformen vor. Das kann zum Beispiel durch ein Theaterstück, einen Filmbeitrag, Bilder oder etwas anderes geschehen. Die Eltern haben die Möglichkeit, je nach ihren Wünschen, oberflächlich bis tief in die Materie des Lernens Einblicke zu erhalten.

Eine Rückmeldung der Kinder ist für die Lernbegleiter besonders bedeutsam. „Wir fragen sie am Anfang einer Lernberatung immer, wie wohl sie sich an der Schule fühlen, in Prozent ausgedrückt. Viele fragen dann: Geht auch 150 Prozent? Und niemand gibt uns weniger als 100.“

 

Über die Peter Gläsel Schule

Die Peter Gläsel Schule in Detmold ist eine private Ersatzschule. Sie ist 2015 als einzügige Grundschule von der Peter Gläsel Stiftung gegründet worden. Mittlerweile lernen hier 83 Kinder in vier jahrgangsübergreifenden Gruppen nach dem PRRITTI-Bildungsmodell, das künstlerisch-kulturelle Bildung unter Beteiligung der Kinder als zentralen Zugang zum Lernen in den Fokus stellt − ein weltweit einzigartiges Bildungsmodell. Die Peter Gläsel Schule begreift sich als Laborschule und will eine Antwort auf die Frage liefern, welche Bildung Kinder im 21. Jahrhundert benötigen, um die Veränderungen in einer globalisierten und digitalisierten Welt selbständig mitzugestalten. Für eine kindgerechte und nachhaltige Bildung verzichtet das PRRITTI-Modell auf alles, was einem lustvollen Lernen im Weg steht: Es gibt keine Noten, keine Hausaufgaben, keinen Druck und keine Schulfächer; denn die Welt besteht aus komplexen Zusammenhängen, nicht aus einzelnen Fächern. Zum Lernen nach PRRITTI gehört eine neue Organisations- und Zeitstruktur: So gibt es an der Peter Gläsel Schule keine Unterrichtseinheiten von 45 Minuten, sondern einen gebundenen Ganztag von 8 bis 15 Uhr sowie davor und danach eine Betreuung ab 7 und bis 17 Uhr. Zu Beginn des Tages treffen die Kinder sich zum Morgenkreis, tauschen sich aus und planen, was sie an dem jeweiligen Tag tun und lernen wollen. Sie entscheiden gemeinsam mit ihren Lernbegleiter*innen, wie sie ihren Tag und ihr Lernen strukturieren und dokumentieren.

Autorin: Carolin Jenkner-Kruel

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